Aktuell herrscht auf Grund kürzlich veröffentlichter Pressemeldungen bei Patienten mit einem Post-Covid-Syndrom (Long-Covid) Unsicherheit, welche Therapiemaßnahmen sinnvoll sind. Insbesondere gibt es Unsicherheiten zur Wirksamkeit ambulanter oder stationärer Rehabilitationsmaßnahmen.
Rehabilitation von Post-COVID-Betroffenen ist individuell sehr unterschiedlich und bedarf einer spezifischen und fachlich differenzierten Vorgehensweise. Die S2k-Leitlinie SARS-CoV-2, COVID-19 und (Früh-)Rehabilitation Living Guideline – gibt Orientierung. Darüber informiert die Pressemitteilung aus dem Redaktionskomitee der Leitlinie.

Pressemitteilung zum Download (PDF)

Rehabilitation von Post-COVID-Betroffenen ist individuell sehr unterschiedlich und bedarf einer spezifischen und fachlich differenzierten Vorgehensweise

Die S2k-Leitlinie SARS-CoV-2, COVID-19 und (Früh-)Rehabilitation – Living Guideline – gibt Orientierung

Aktuell herrscht auf Grund kürzlich veröffentlichter Pressemeldungen bei Patienten mit einem Post-Covid-Syndrom (Long-Covid) Unsicherheit, welche Therapiemaßnahmen sinnvoll sind. Insbesondere gibt es Unsicherheiten zur Wirksamkeit ambulanter oder stationärer Rehabilitationsmaßnahmen. Dies steht im Widerspruch zu Praxiserfahrungen und veröffentlichten Daten zu diesem Thema. Diese konnten zeigen, dass Rehabilitationsmaßnahmen, die unter anderem nicht nur die psychosoziale Unterstützung, sondern auch jeweils individuell angepasst eine Aktivierung im Fokus haben, den Verlauf der Erkrankung bessern können.

Internationale Erhebungen zeigen, dass etwa 6% (zwischen 2 und 13 %) der an COVID-19 erkrankten Personen 3 Monate nach COVID-19 noch gesundheitliche Probleme angeben. Wenn diese länger als vier Wochen nach der Erkrankung beobachtet werden, spricht man von „LongCOVID“, werden diese nach zwölf Wochen oder mehr beobachtet von „Post-COVID“.
Vierzehn Fachgesellschaften haben zusammen den aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand berücksichtigt, um für die medizinische Rehabilitation von Long-COVID- und Post-COVID-Betroffenen spezifische Empfehlungen zu geben.
Besonders wichtig dabei festzustellen ist, dass COVID-19 die Körperorgane wie Lunge, Herz, Gehirn, Nerven und Muskeln sowie das Immunsystem sehr unterschiedlich betreffen kann. Long-COVID- und Post-COVID sind daher lediglich Bezeichnungen für die Dauer von Gesundheitsfolgen nach COVID-19, aber nicht für die individuellen Krankheits- und Beeinträchtigungssituation. Long-COVID- und Post-COVID sind über Betroffene hinweg so vielgestaltig wie die Organe, die dabei betroffen sind. Manche haben mehr Atembeschwerden und Kurzatmigkeit, andere Herz- und Kreislaufbeschwerden, wieder andere Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen oder psychische Symptome. Mit all diesen Symptomen kann eine körperlich, kognitiv oder psychisch reduzierte Belastbarkeit einhergehen mit erhöhter Erschöpfbarkeit („Fatigue“).
Wenn Beeinträchtigungen alltags- oder berufsrelevant sind und durch ambulante Therapie nicht ausreichend behandelbar sind, ist eine medizinische Rehabilitation sinnvoll und erforderlich. Je nach individuellem Schwerpunkt der Long-COVID- und Post-COVID-Symptomatik ist häufiger eine pneumologische, neurologische, kardiologische oder psychosomatische
Rehabilitation indiziert.
In der medizinischen Rehabilitation kommen neben der spezifischen Diagnostik verschiedene individuell verordnete und an die individuelle Belastbarkeit angepasste Trainingstherapien zur Atmung, Motorik, oder Kognition bzw. Psychotherapie zum Ansatz sowie auch Schulungen zum Krankheitsbild und Hilfestellungen für die Alltagsbewältigung. Eine derart gezielt eingesetzte Bewegungstherapie und psychische Behandlung gibt vielen Betroffenen Kraft und die Fähigkeit zurück, ihren Alltag wieder besser bewältigen zu können, ohne eine Überforderung befürchten zu müssen. Dabei ist es auch wichtig, die individuelle Belastungstoleranz festzustellen und zu berücksichtigen; denn bei einem Teil der Betroffen mit ausgeprägter Belastungsintoleranz kann körperliches Training Symptome verstärken. Die Leitlinie gibt rund um den Themenkomplex „medizinische Rehabilitation“ bei Long-/PostCOVID fachliche Orientierung.
Zur Beantwortung der skizzierten Frage, wie medizinische Rehabilitation von Long-COVID- und Post-COVID-Betroffenen fachlich fundiert gestaltet werden kann, wurde aus der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich-medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) bereits 2020 ein Komitee aus 14 Fachgesellschaften gegründet, das von Professor Thomas Platz (Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation, DGNR) koordiniert wird. Die Mitglieder stellen einerseits spezifische fachärztliche Kompetenz, etwa aus den Bereichen der Pneumologie, Neurologie, Kardiologie, Onkologie, physikalische und rehabilitative Medizin sowie Psychosomatik bereit, aber andererseits auch Fachexpertise aus dem Bereich der Virologie und Hygiene. Das Komitee beschäftigt sich seit Anbeginn der Pandemie mit der wichtigen Frage, ob und wie medizinische Rehabilitation bei Gesundheitsfolgen nach COVID19 helfen kann. In 2022 waren als Vertreter der von COVID Betroffenen am Leitlinienprozess auch die Organisation Long COVID Deutschland, LCD sowie der Bundesverband Rehabilitation, BDH beteiligt. Zusammen haben die Fachgesellschaften eine Leitlinie entwickelt, die Fachleuten wie Betroffenen Orientierung gibt.
Da sich die Erkenntnisse aus der Forschung zu COVID-19 schnell entwickeln, ist das Besondere dieser Leitlinie, dass sie seit 2020 bereits zum dritten Mal aktualisiert herausgegeben wird. Sie wird daher als „lebende Leitlinie (Living Guideline)“ bezeichnet, die jeweils nach einem Jahr Gültigkeit wieder neu überarbeitet wird. Mitte November 2022 ist nun die aktualisierte Version der Leitlinie veröffentlicht worden und dient den Beteiligten im Gesundheitswesen und speziell der Rehabilitation als Orientierung. Sie ist im Internet kostenfrei abrufbar (https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/080-008).

Thomas Platz, Ulrike Abel, Stefan Berghem, Peter Berlit, Stefan Dewey, Christian Dohle, Claudia Ellert, Helmut Fickenscher, Manju Guha, Volker Köllner, Axel Kramer, Rembert Koczulla, Anett Reißhauer, Axel Schlitt, Monika Steimann.
S2k-LL SARS-CoV-2, COVID-19 und (Früh-) Rehabilitation (“Living Guideline”) In: DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR NEUROREHABILITATION E.V. (DGNR) (Hrsgb.),
Leitlinien für die Neurorehabilitation.
Auflage/Version Datum: 3.0 (2. Update)/1. November 2022

Herausgegeben von
Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation e.V. (DGNR)
in Zusammenarbeit mit
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) e.V.
Deutschen Gesellschaft für Klinische Psychotherapie, Prävention und Psychosomatische Rehabilitation (DGPPR) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin (DGPRM) e.V.
Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW) e.V.
Gesellschaft für Virologie (GfV) e. V.

Betroffenen-Organisationen und ihre Beteiligte:
BDH Bundesverband Rehabilitation (BDH) e.V. (BDH)
Betroffenen-Initiative Long COVID Deutschland (LCD)

Weitere Beteiligte im Redaktionskomitee (ohne Stimmrecht im Konsensusverfahren):
Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) e. V.

Ansprechpartner / Koordinator des Redaktionskomitees der Leitlinie:

Prof. Dr. med. Thomas Platz

BDH-Klinik Greifswald und
Universitätsmedizin Greifswald

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